Es bedarf einer optimalen handwerklichen Leistung, um eine für das Rosshaar geeignete Polsterung herzustellen. Soll ein antikes Möbelstück mit einem Rosshaarbezug restauriert werden, ist zunächst zu überprüfen, ob das Möbel in einem guten Zustand ist, das heißt, dass beispielsweise die Zargen, die einer hohen Belastung ausgesetzt sind, falls erforderlich, verstärkt werden müssen. Das Möbelstück in unserer Abbildung – ein Biedermeierstuhl – wird gegurtet, wobei die Gurte gut ausgezogen werden müssen. Je nach Größe des Sitzes werden vier bis sechs 5- oder 6-Gang-Federn aufgenäht, die dann mit einer Schnürung verbunden werden.
Die Federung wird anschließend mit Federleinen abgedeckt, der Flachs wird aufgelegt und zuletzt wird diese Arbeit mit Façonleinen abgedeckt. Das Façonleinen wird durchgenäht und rundum zugeschlagen. Bereits beim Auflegen dieses Materials beginnt man mit der Formung des Façonpolsters. Nachdem die Façon geformt ist, wird sie garniert. Durch das Garnieren erreicht man eine feste und scharfe Kante, was auch erstrebenswert ist. Die nun mehr fertiggestelltes Façon muß gut eingesessen werden, um ein späteres Nachgeben des Polsters zu vermeiden.
Durch den Arbeitsvorgang des Durchnähens und Garnieren entstehen Unebenheiten, die zur Glättung mit Feinwerg ausgelegt werden. Hierauf kommt nun die Rosshaarpikierung. Das Rosshaar-Polstermaterial sollte auf keinen Fall durch die Zupfmaschine gedreht werden, sondern, zur Erhaltung der Sprungkraft, nur mit der Hand ausgezupft werden. Beim Auflegen des Rosshaares muß es gut ineinander verwirkt werden, so daß man die ganze Auflage praktisch in einem abnehmen könnte. Nach der Rosshaarpikierung kann der Stuhl mit Nessel als Weißbezug bezogen werden.
Hierbei ist die Farbe zu berücksichtigen, welche der spätere Rosshaarbezugsstoff haben soll, den Rosshaarstoffe schimmern immer etwas durch. So sollte man bei schwarzem Rosshaarstoff einen schwarzen Nessel verwenden. Bei hellfarbigem Rosshaarbezugsstoff kann mit dem Unterbezug bzw. Nessel ein farbliches Pendant geschaffen werden. Hat man nun die obengenannten Punkte beachtet, kann der Nessel übergeheftet und entsprechend eingeschnitten werden. Bevor der Nessel gespannt und festgenagelt wird, muss das Polster nochmals gut durchgesessen werden.
Beziehen des Polsters mit Rosshaarstoff
Nach der Façonarbeit wird der ausgewählte Rosshaarbezugsstoff vorne und an den Seiten des Polsters angenäht, hinten wird er angenagelt. Rosshaarstoffe sollten grundsätzlich nur genagelt werden und nicht mit einer Heftpistole angeschossen werden, da die Klammern den Stoff durchschlagen würden. Anschließend wird am zugeschnittenen Boden (siehe Abbildung) der Keder angenäht. Der Boden sollte möglichst aus einem Stück bestehen, da die Naht am Keder leicht bricht. Bei Längsstreifen lässt sich das Zusammennähen des Bodens jedoch nicht vermeiden. Hier muß die Naht mit großer Sorgfalt ausgeführt werden.
Der fertig genähte Boden wird nun angesteckt und geheftet. An den Enden werden ca. 3 cm des Stoffes zwischen Rückenstrebe und Polster eingesteckt. Nun wird der Boden angenäht, anschließend nach unten und seitlich angezogen und festgenagelt. Längsstreifen passen beim Zusammensetzen immer überein. Bei Querstreifen lässt es sich leider nicht vermeiden, dass sich das Muster verzieht, da die Streifen nicht immer exakt gleich breit gewebt werden können. Die Nagelung wird mit einer Borte abgedeckt. Bei Rosshaarstoffen eignet sich hierfür am besten eine schlichte Ripsborte.
Elegante Designs
Als traditionelle, elegante Designs für Rosshaarstoffe gelten einerseits die Damastdesigns, die ca. 65-67 cm breit liegen, und sowohl quer als auch längs verarbeitet werden können. Diese Muster eignen sich vornehmlich für kleine Polstermöbel, große Sessel und Sofas.
Andererseits werden gerne auch Rosshaarstoffe mit Streifenmuster ausgewählt. Die Querstreifen eignen sich besonders für Stühle, kleine Sessel und Sofas. Für Sessel mit einem hohen Rücken, zum Beispiel Ohrensessel oder Voltaire-Sessel, ist von einem Rosshaarbezug mit Querstreifen abzuraten, da der Streifen quer zur Kette läuft und nur ca. 65-67 cm breit ist. Aufgrund dieser geringen Breite ist es nicht möglich, einen hohen Sesselrücken in einem Stück zu beziehen. Man müsste in jedem Fall auf dem Sesselrücken vorne und im Rückenspannteil eine Naht anbringen. Längsstreifen hingegen eignen sich sehr gut für Sessel und Stühle mit hohem Rücken, nicht aber für Sofas. Die schwarzen und farbigen Rips und Satinbindungen werden, da man diese quer und längs verarbeiten kann, bei allen angesprochenen Möbelformen eingesetzt. Übrigens sind die oben erwähnten Rosshaarstoffe auch in Überbreiten von ca. 77 cm zu erhalten.